Bei Gewalt in Partnerschaften denkt man oft ‚nur‘ an blaue Flecken und einschüchternde Verhaltensweisen. Doch vor allem psychische Gewalt kann subtil beginnen und sich schleichend steigern bis sie einen Punkt erreicht, an dem das Wohl oder gar das Leben einer Betroffenen gefährdet wird. Global gesehen erlebt fast jede dritte Frau mindestens einmal (sexuelle) Gewalt in ihrer Beziehung. Auch Deutschland ist davon nicht ausgenommen und so ist Gewalt in Partnerschaften auch hierzulande eine der häufigsten Formen von missbräuchlichem Verhalten gegen Frauen. Um das Bewusstsein für Gewalt in Partnerschaften zu schärfen und zu einer positiven Veränderung der Situation beizutragen, engagiert sich Yves Saint Laurent Beauty mit der Initiative Liebe ohne Gewalt für genau diese gesellschaftsrelevante Thematik.
Die Unabhängigkeit und Freiheit der Frau sind Werte, die seit jeher fest in der DNA von Yves Saint Laurent Beauty verankert sind. Daher verpflichtet sich die Beauty-Marke, Forschungen in diesem Bereich zu unterstützen, Mitarbeiter*innen zu schulen und bis 2030 weltweit zwei Millionen Menschen gemeinsam mit lokalen Non-Profit-Organisationen aufzuklären. Im Interview erklärt Katja Grieger, Geschäftsführerin des deutschen NGO Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe e.V. – Frauen gegen Gewalt (bff), woran man Gewalt in Partnerschaften erkennt, was man als betroffene Person tun oder wie man einer betroffenen Person helfen kann.
Frau Grieger, Woran erkenne ich Gewalt in Partnerschaften?
Nicht immer ist Gewalt durch einen Partner an offensichtlichen Verletzungen erkennbar. Blaue Flecken können überschminkt oder unter Kleidungsstücken versteckt werden. Es kann auch sein, dass es sich bei der erlebten Gewalt vorrangig um Psychoterror handelt. Mögliche Anhaltspunkte können aber grundsätzlich die folgenden sein:
- Absagen von Verabredungen und insgesamt ein zurückgezogenes Verhalten
- Betroffene wirken oft abwesend, verschlossen, deprimiert, unsicher, nervös, ängstlich oder gereizt
- Das Gewicht verändert sich stark oder es entwickelt sich ein erhöhter Suchtmittelkonsum (Zigaretten, Alkohol, Drogen, evtl. Tabletten)
- Klagen über körperliche Beschwerden und Erschöpfungszustand
- Wünschen des Partners wird immer Vorrang gewährt, die eigene Meinung wird untergeordnet
- Das Aufweisen von Verletzungen und ausweichende Reaktion bei Nachfragen
Viele gewalttätige Partner zeigen nach außen ein ausgesprochen freundliches Gesicht. Aber manchmal verhält sich auch der Partner auffällig:
- Korrigiert sie oft, macht sie vor anderen lächerlich und ist respektlos
- Verbietet ihr den Mund, verhält sich dominant und rechthaberisch
- Unterwandert Freundschaften und vertreibt ihre Verwandten durch unhöfliches und aggressives Verhalten
Wieso ist Gewalt in Partnerschaften nicht immer sofort ersichtlich?
Gewalt in Partnerschaften beginnt in der Regel nicht zu Beginn einer Beziehung, sondern erst später, beispielsweise kann eine Schwangerschaft ein Auslöser sein oder ähnliche Ereignisse, die Veränderungen mit sich bringen. Viele Betroffene berichten, dass sich die Dynamik langsam entwickelt. Anfangs sind es oft Reaktionen, die als Kompliment verstanden werden (er will immer wissen, wo ich hingehe und mit wem ich mich treffe). Daraus lässt sich zunächst übertriebene Eifersucht ableiten, bis sich die Betroffene irgendwann in einem System totaler Kontrolle wiederfindet. Frauen, die Opfer von Gewalt in Partnerschaften werden, erleben oft sehr unterschiedliche Gewaltformen. Das erschwert eine Bewertung und Einordnung der Situation. Neben der sexualisierten und körperlichen Gewalt, gibt es auch psychische Gewalt, wie beispielsweise die Isolation von Freunden oder die Kontrolle von finanziellen Mitteln. Eine weitere Form, über die zum Glück immer häufiger gesprochen wird, ist die digitale Gewalt. In manchen Partnerschaften oder Trennungssituationen verlagern sich gewalttätige Handlungen etwa in die sozialen Medien. Hier setzt Stalking ein, indem der (Ex-)Partner bedrohliche Nachrichten schickt oder eine Spy-App auf dem Handy des Partners oder Partnerin installiert.
Was kann ich als betroffene Person tun und wo finde ich Hilfe?
Betroffene haben unterschiedliche Möglichkeiten:
- Sie können sich an eine Beratungsstelle wenden, um dort gemeinsam mit einer Beraterin einen individuellen Weg für sich zu finden, wie sie aus der Gewalt herauskommen können
- Sie können bei der Polizei Anzeige erstatten
- Sie können (und sollten) in einer akuten Gewaltsituation die Polizei rufen, die dann den Mann für einige Tage (Zeitraum je nach Bundesland unterschiedlich) der gemeinsamen Wohnung verweisen kann, damit sie zur Ruhe kommen und sich nächste Schritte überlegen kann
- Sie können die Möglichkeiten des Gewaltschutzgesetzes nutzen, hier ist eine vom Gericht angeordnete Wohnungszuweisung an die Frau möglich aber auch Kontakt und Näherungsverbote
- Sie können in eine Selbsthilfegruppe gehen
- Es gibt auch online Selbsthilfeforen von Betroffenen für Betroffene
- Sie können versuchen, eine Vertrauensperson anzusprechen und um Unterstützung bitten oder um Entlastung beispielsweise bei der Kinderbetreuung
Die Wege in eine Beratungsstelle sind oft sehr unterschiedlich. Allgemein machen alle Beratungsstellen sehr breite Öffentlichkeitsarbeit mit Awareness-Kampagnen und Flyern sowie Plakaten in Ämtern, Behörden, Arztpraxen, etc. So werden Betroffene auf das Angebot aufmerksam gemacht und können sich (meist telefonisch) melden.
An wen kann ich mich im Falle einer akuten Bedrohung wenden?
Bei einer akuten Bedrohung sollte der Polizeinotruf (110) angerufen werden. Dann den Namen und die Adresse nennen und betonen, dass sofort Hilfe benötigt wird. Zudem sollte der Polizei mitgeteilt werden, ob man verletzt ist, Kinder oder sonstige Personen in der Wohnung sind und ob der Täter noch anwesend und bewaffnet ist. Bis die Polizei kommt, sich selbst und gegebenenfalls Kinder in Sicherheit, zum Beispiel bei Nachbarn oder in einem Geschäft, bringen.
Was kann ich als Außenstehender tun, beispielsweise als Freund*in, Familienmitglied, Arbeitskolleg*in oder Nachbar*in tun, um zu helfen?
Wenn Sie sich Sorgen um eine Frau in Ihrem Umfeld machen, fragen Sie am besten nach. Es kann gut sein, dass die Betroffene auf ihre Sorge erst mal abwehrend reagiert, die Anzeichen aber bestehen bleiben. Seien Sie trotzdem aufmerksam und zeigen Sie Ihre Solidarität. In der Regel wenden sich betroffene Frauen zuerst an Menschen, die ihnen nahestehen und denen sie vertrauen. Jeder kann Unterstützer sein, ob als Freund*in, Familienmitglied, Arbeitskolleg*in oder Nachbar*in etc.
Sie können auf unterschiedliche Weise unterstützen, indem sie zuhören und trösten:
- Zu Polizei, Anwalt, Arzt oder Beratungsstelle begleiten
- Bei der Alltagsorganisation und der Kinderbetreuung helfen
- Bei Anforderungen in Schule, Ausbildung, Studium oder Beruf beistehen
- Bei der Suche nach einer neuen Wohnung oder einem Job helfen
- In akuter Gefahrensituation die Polizei rufen
- Sich informieren, Kontakt zu Fachberatungsstellen aufnehmen
Vielleicht verwirrt Sie das Verhalten der Frau, der sie helfen wollen. Viele Frauen möchten in ihrer Beziehung bleiben unter der Bedingung, dass der Mann die Gewalt beendet. Für andere ist es ein langer Prozess, sich aus der gewalttätigen Beziehung zu lösen.
Nehmen auch Sie am kostenlosen Online-Training teil und lernen Sie, Anzeichen von Gewalt frühzeitig zu erkennen.
Bilder: ©Yves Saint Laurent Beauty, Sasin Tipchai auf Pixabay