Der Künstler Albert Scopin alias Albert Schöpflin, der mit seinem Bruder Hans Schöpflin die Schöpflin Stiftung für die Zukunft der Demokratie gründete, zeigt seine außergewöhnlichen Asphalt Werke jetzt im Bayerischen Nationalmuseum: Scopin – Schwarzes Licht – Asphalt als kosmische Energie.
Albert Scopin, 1943 in Freiburg im Breisgau geboren, hat sich einem Material zugewandt, das zwar in unserem Alltag überall präsent, aber im Bereich der Kunst eher ungewöhnlich ist: dem Asphalt. Seine intensive künstlerische Auseinandersetzung mit diesem Werkstoff ist einmalig. Seit gut 10 Jahren schafft er aus und mit ihm zwei- und dreidimensionale Werke von starker Präsenz und Ausdruckskraft.
Scopins Handwerkszeug sind Schmelzöfen, Gasbrenner, Besen und anderes Gerät, mit dem er die auf über 200 Grad erhitzte, zähflüssige Masse auf Holzplatten aufbringt und verteilt, ein Prozess, der langjährige Erfahrung und höchste Könnerschaft verlangt. Die Idee, Asphalt als Farbe für seine meist großformatigen Werke zu verwenden, ist das Ergebnis eines langen Reflexionsprozesses. In den frühen 1970er-Jahren lebte Scopin in New York, eine prägende Zeit in seinem Leben. Die schlechten Straßen Manhattans mit ihren Schlaglöchern und unzähligen Ausbesserungen in übereinanderliegenden Schichten unterschiedlicher Farbe und Konsistenz erschienen ihm seinerzeit wie Strukturen unserer Zivilisation und haben sich als Bild in sein Gedächtnis eingebrannt. Doch erst fast 40 Jahre später fand er die nötige Inspiration beim Anblick einer großformatigen Kohlearbeit des koreanischen Künstlers Lee Bae. Seit diesem Moment bestimmt die Beschäftigung mit dem Material Asphalt und der Wille, dem Betrachter die Schönheit und Energie dieses organischen Werkstoffes nahezubringen, sein gesamtes Wirken als Künstler. Scopins Werke haben eine ruhige, geradezu meditative Ausstrahlung und sind dennoch energiegeladen. So archaisch wie das Material sind oft die Formen, in denen Scopin die heiße Masse auf dem hölzernen Grund verteilt. Sie sind stark, wirkungsmächtig, monolithisch, andere erinnern durch ihren mitunter durchaus schwungvollen Auftrag an Werke des Informel oder auch an asiatische Kalligrafie.
Mit geübten Handgriffen legt Scopin Schicht über Schicht, lässt sich von der zähen, geschmolzenen Masse leiten und verleiht seinen Werken damit eine reliefartige Gestalt. Mitunter fügt er Holz, Glasstaub, Sand oder Dispersionsfarbe hinzu. Es entsteht ein Dialog zwischen dem Material und dem Künstler. Anders als in seiner alltäglichen Nutzung darf der Asphalt bei Scopin zu seiner puren, materiellen Präsenz finden. Da das Material schnell erkaltet und aushärtet, bleibt für den Malprozess wenig Zeit. Je nach Art des Auftrags und den verwendeten Werkzeugen entstehen Oberflächen von unterschiedlicher Struktur, die das Licht auf ganz verschiedene Weise brechen und reflektieren und dem Betrachter somit eine Vielzahl an Seherlebnissen bieten. Die Farbe Schwarz wird in ihrem ganzen Spektrum aufgezeigt. Matte Flächen liegen neben seidig schimmernden oder auch hochglänzenden Partien. Bewegt man sich vor Scopins Arbeiten, scheinen sie sich unentwegt zu verändern und changieren zwischen tiefem Schwarz und dunklem Anthrazit über unterschiedlichste Grautöne bis hin zu Weiß. In manchen Werken sorgen starkfarbige, vor allem ultramarinblaue Pigmente für kontrastierende Ebenen.
Scopin – Schwarzes Licht – Asphalt als kosmische Energie: Eine Ausstellung der Edition Minerva kuratiert von Manfred Möller noch bis zum 15. Januar 2023 im Bayerischen Nationalmuseum München zu sehen.
Zum Künstler:
Albert Scopin, mit bürgerlichem Namen Albert Schöpflin, ist 1943 in Freiburg geboren. In den 1960er-Jahren studierte Scopin Fotografie in München, bevor er 1969 nach New York zog und renommierten Fotografen assentierte. In dieser Zeit lernte er Andy Warhol und seine Freunde kennen und wohnte und arbeitete im legendären Chelsea Hotel. Hier drehte er 1970 den Dokumentarfilm „Chelsea Hotel“, der die damaligen Bewohner des Hotels porträtiert, u. a. Patti Smith und Robert Mapplethorpe. Anfang der 1970er-Jahre gründete Scopin eine eigene Filmproduktionsfirma und drehte Dokumentarfilme im und über den New Yorker Kulturuntergrund. 1974 zog er zurück nach Deutschland, richtete sich ein Studio in Frankfurt am Main ein und widmete sich zunehmend der Fotografie. Zu Beginn der 1980er-Jahre begann er zu zeichnen und zu malen, primär in Grautönen der Schwarzweiß-Fotografie. Im Jahr 1985 folgte ein Umzug nach München. Von 1983 bis 1988 lehrte Albert Scopin als Dozent an der Fachhochschule für Gestaltung in Darmstadt, zog sich aber 1990 in sein Atelier in Seeshaupt am Starnberger See zurück, um ausschließlich künstlerisch zu arbeiten. Von der Fotografie wandte er sich gänzlich ab. Mal stand die Zeichnung im Vordergrund, mal war die Malerei im Zentrum seines Interesses. Seit 2012 arbeitet Scopin fast ausschließlich mit Asphalt. Der Künstler lebt und arbeitet in Lörrach und Riehen bei Basel. Seine Werke befinden sich in bedeutenden Museen wie dem Museum Ludwig in Köln. Großangelegte Werkschauen fanden 2016 in der Barlach Halle K in Hamburg sowie in der St.-Elisabeth-Kirche in Berlin statt. Zuletzt waren seine Arbeiten 2022 im Rahmen der 59. Biennale Arte in Venedig zu sehen und ab Ende Oktober im Bayerischen Nationalmuseum in München.
Bilder: ©Arno Dietscher