Durch ihre extravaganten Ideen, Leder zu verarbeiten, hat sich Marina Hoermanseder in der internationalen Modewelt einen Namen gemacht – unter anderem Lady Gaga gehört längst zu ihren Kundinnen. Wir haben mit ihr über ihre Mode und ihre Inspirationsquellen gesprochen.
Das Wissen, ein ein eigenes Modelabel zu führen, sollte Marina Hoermanseder (Bildmitte) haben. Nachdem sie zunächst ein Wirtschaftsstudium abschlossen hat, verwirklichte sie im Anschluss ihren lang gehegten Traum und ging nach Berlin, um dort an der esmod, der internationalen Hochschule für Mode, zu studieren. Während des Studiums konnte die gebürtige Wienerin innerhalb eines Praktikums bei Alexander McQueen in London wertvolle Erfahrung sammeln. Dabei gelang es ihr auch, ihren ganz eigenen Stil zu entwickeln.
Nachdem ihre Diplomkollektion bereits erfolgreich in Berlin, London und Porto gezeigt wurde, eroberte Marina Hoermanseder nach und nach auch die Laufstege in Übersee. Wir sprachen mit der Designerin darüber, was man auf dem Weg zum Erfolg investieren muss, was hinter ihrer Mode steckt und wie man darauf kommt, sich von orthopädischen Orthesen inspirieren zu lassen.
Fast and Luxurious: Wie viel muss man investieren, um in einer solchen Branche Erfolg zu haben?
Marina Hoermanseder: Alles! Alles was man hat, muss man auch investieren. Sowohl zeitlich und finanziell als auch nervlich.
Inspiration für Ihre Kollektionen sind orthopädische Orthesen. Wie kommt man darauf?
Die Idee kam mir während meines Praktikums bei Alexander McQueen. Ich wollte dort zunächst lernen, wie man ein Korsett fertigt und bin dann während meiner Recherche auf eine uralte Grafik von einem orthopädischen Korsett aus dem 18. Jahrhundert gestoßen. Das Handwerk hat mich wirklich sehr beeindruckt. Die aufwendige Verarbeitung von Holz, Metall und Leder, alles mit der Hand gefertigt. Dieses Bild hat mich nicht mehr losgelassen und ich habe mich daraufhin auf eine Reise durch die medizinische Fotografie begeben. Diese Inspiration habe ich dann genutzt, um das Konzept in einen modischen Kontext zu bringen. Ich möchte einfach etwas Schönes aus diesem eher negativ behafteten Produkt schaffen.
Sie geben auch Gehirne und Nacktkatzen als weitere Inspirationsquelle an…
Das stimmt, das war die Weiterführung meiner ersten Kollektion, gewissermaßen wieder medizinisch inspiriert. Ich finde, das Gehirn lässt sich gut mir Leder umsetzen, sich gut daraus formen. Ich empfand das auch als Herausforderung. Die Nacktkatzen waren mir bei der Farbgebung und aufgrund ihrer Falten, die sie am Kopf haben, behilflich. Diese findet man in der 3D-Optik meiner Mäntel wieder, die sind den Falten der Nacktkatzen nachempfunden.
Marina Hoermanseder – Inspirativen Exhibitionismus durchziehen
Auch durch diese Inspirationsquellen ist Ihre Mode sehr avantgardistisch. Ist es generell wichtig, mit einem solchen Knalleffekt in die Modewelt zu starten?
Man muss definitiv versuchen, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Wenn ich jetzt beispielsweise nur schwarze Overalls schicken würde, würde wahrscheinlich nichts passieren. Einen gewissen inspirativen Exhibitionismus muss man wahrscheinlich beinhart durchziehen, sonst springt am Ende nichts dabei raus. Man kann meine Mode offenbar nicht ganz in Worte fassen. Man fragt sich doch: Was ist das? Ist es Fetisch, ist es Avantgarde, ist es Mode?
Wie würden Sie es denn beschreiben?
Was ich in einer meiner ersten Kollektionen gemacht habe, war pure Avantgarde. Danach wurde es tragbare Avantgarde. Ich habe bewusst extravagante, untragbare Teile mit kommerziellen, aber trotzdem sehr raffinierten, Kleidungsstücken kombiniert. Diese Mischung, normal und extravagant – und seien es nur kleine Lederschnallen im Ärmel – bringt das zum Ausdruck, was ich vermitteln möchte: Sexy sein, eine gewisse Härte ausstrahlen und dennoch feminin wirken.
Machen Sie auch Männermode?
Ja, auf der Fashion Week in Berlin wurden schon meine Entwürfe für Sopopular präsentiert. Ich habe damals alle Leder-Accessoires für das Label gemacht, alles mit schwarzem Leder umgesetzt. In der Damenmode arbeitete ich bis dahin selten mit schwarz, zu dieser Marke passte es aber sehr gut. Damit das Ganze aber nicht zu sehr in die Fetisch-Ecke abtrieb, haben wir sogar die Schnallen und Nieten ebenfalls in Schwarz gehalten und auf Silber verzichtet.
Zu welchen Anlässen tragen Sie Ihre Mode selbst?
Die tragbaren Teile ziehe ich sehr häufig an. Ich werde ja auch selbst fotografiert und so kann ich ein wenig für meine Kollektion werben. Deshalb trage ich heute auch Teile daraus, daheim im Schrank helfen sie niemandem weiter.
Ihre Mode ist auch futuristisch angehaucht – wo soll es mit Ihnen und Ihrem Label in Zukunft hingehen? Gibt es da konkrete Ziele?
Die ausgefalleneren Stücke machen mir ehrlich gesagt mehr Freude, denn tragbare Mode machen viele andere, das ist auch einfacher. Ich bin selbst überwältigt, wie viel Resonanz ich von stylischen Menschen aus aller Welt bekomme. Das ist unglaublich, wie weite Kreise das ziehen kann. Vor allem wenn man bedenkt, dass das alles auf unserem Küchenboden daheim mit den ersten Entwürfen angefangen hat.
Schnell zum Luxus: www.marinahoermanseder.com
Über Marina Hoermanseder
Marina Hoermanseder ist ein Womenswear-Label aus Berlin. Die Werke der erst 33-Jährigen französisch-österreichischen Designerin stehen für Individualismus, der Raffinesse mit extravaganten und dennoch eleganten Designs verbindet.
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Bilder: ©Derk Hoberg