Weibliche Genitalverstümmelung (FGM) ist in Kenia seit Jahren verboten – und doch wird die Praxis vielerorts weitergeführt. Besonders in den Maasai-Gemeinschaften gehören Beschneidung und frühe Heirat nach wie vor zum Alltag vieler Mädchen. Der Maa Trust – eine gemeinnützige Organisation im beliebten Safari-Gebiet Masai Mara in Kenias Südwesten – setzt sich dafür ein, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Bildung, Gesundheit, sauberes Wasser und nachhaltige Einkommensprojekte sollen Mädchen, Frauen und ganze Familien stärken. Wir haben mit Malanto Kipetu über die Arbeit der Organisation, den langen Weg zur Veränderung und die Zusammenarbeit mit Partnern wie dem nachhaltigen Safari-Anbieter Great Plains Conservation gesprochen.
Frau Kipetu, warum ist weibliche Genitalverstümmelung in den Massai-Gemeinschaften nach wie vor so verbreitet, obwohl sie gesetzlich verboten ist?
Weil es tief in der Kultur verwurzelt ist. Für viele Familien ist die Beschneidung ein Übergangsritus vom Mädchen zur Frau. Dazu kommt der gesellschaftliche Druck: Wer nicht beschnitten ist, gilt als „unreif“ und wird oft stigmatisiert. Armut verstärkt das Problem – viele Mädchen werden sehr jung verheiratet, damit die Familie eine Mitgift erhält
Wie setzt der Maa Trust genau an, um diesen Kreislauf zu durchbrechen?
Unser Ansatz ist ganzheitlich. Wir wollen nicht mit Verboten oder Strafen von außen kommen, sondern Alternativen schaffen. In unserer Residency Week etwa erleben Mädchen eine symbolische Feier als Alternative zur Beschneidung. Sie lernen dort praktische Fähigkeiten, aber auch ihre Rechte – und sie gehen gestärkt in ihre Gemeinschaft zurück.
Gesundheit ist ein weiterer Schwerpunkt Ihrer Arbeit. Wie sieht das konkret aus?
Viele Komplikationen von FGM zeigen sich bei Geburten. Deshalb haben wir ein Mütter- und Neugeborenen-Zentrum eröffnet, in dem Frauen sicher entbinden können. Zusätzlich ziehen unsere „Backpack Nurses“ mit Rucksäcken in entlegene Dörfer, impfen Kinder, klären über Verhütung auf und schaffen Vertrauen.

Neben Bildung und Gesundheit sprechen Sie auch viel von Einkommensprojekten. Warum ist das so wichtig?
Weil Armut einer der Haupttreiber von FGM ist. Wenn eine Mutter durch Handwerk, Honigproduktion oder Mikrokredite eigenes Einkommen erzielt, ist sie weniger darauf angewiesen, ihre Tochter früh zu verheiraten. Projekte wie Maa Honey oder unser Perlenhandwerk verbinden Tradition mit wirtschaftlicher Selbstständigkeit – und geben Frauen Stolz und Unabhängigkeit.

Eine große Rolle spielt auch Ihre Zusammenarbeit mit der Great Plains Conservation. Wie genau funktioniert diese Partnerschaft?
Great Plains Conservation betreibt nachhaltige Safarilodges, beschäftigt viele Massai, engagiert sich für die Menschen der Region und unterstützt auch uns logistisch und finanziell. Besonders wichtig ist dabei das Maa Beadwork-Projekt: Massai-Frauen fertigen kunstvollen Schmuck, der direkt in den Great Plains Lodges an Safari-Urlauber verkauft wird. So profitieren die Gäste von authentischem Handwerk, indem sie sich schöne Erinnerungen an ihre Safari mit nach Hause nehmen können – und die Frauen von einem eigenen Einkommen. Es ist ein wunderbares Beispiel, wie Naturschutz, Tourismus und Gemeinschaftsentwicklung Hand in Hand gehen können.

Wie reagieren die Massai-Gemeinschaften selbst auf Ihre Arbeit?
Es braucht viel Geduld und Dialog. Wir beziehen Älteste, Mütter und sogar Großmütter mit ein. Manche von ihnen waren anfangs die größten Befürworter von FGM, doch wenn sie sehen, dass ihre Enkelinnen gesund und erfolgreich sind, beginnt ein Umdenken. Es ist ein langer Prozess, aber er trägt Früchte.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Dass Mädchen in den Massai-Gemeinschaften ohne Angst aufwachsen können – mit Zugang zu Bildung, medizinischer Versorgung und Chancen, ihre Träume zu verwirklichen. Und dass Tradition weiterlebt, aber ohne Schmerz und Diskriminierung.
Mehr Infos: themaatrust.org | greatplainsfoundation.com
Bilder: ©Derk Hoberg, Great Plains Conservation