Wie finden wir zurück zu unserer inneren Stimme – in einer Welt, die uns ständig sagt, wer wir sein sollen? Die Yogalehrerin und Mentorin Christine May begleitet seit über zwanzig Jahren Frauen auf dem Weg zu mehr Bewusstsein, Selbstvertrauen und Verbundenheit. In ihrem neuen Buch „Entfessle dein wildes Herz“ vereint sie Yoga, Breathwork, Rituale und Coachingfragen zu einer tiefen Einladung: sich zu erinnern, wer wir wirklich sind – jenseits von Rollen, Leistung und Erwartungen.
Christine May, Ihr Buch trägt den Titel „Entfessle dein wildes Herz“. Was bedeutet dieses „wilde Herz“ für Sie?
Das wilde Herz steht für unseren ursprünglichen, ungezähmten Ausdruck – für unsere Wahrheit. Es ist die intuitive Kraft, die wir oft unter Schichten von Kontrolle, Anpassung und Leistung vergraben haben. Dieses Herz erinnert uns daran, dass wahre Stärke nicht aus Kontrolle, sondern aus Verbindung entsteht: zu uns selbst, zu anderen und zum Leben. Viele Frauen haben diesen Kontakt verloren, weil sie gelernt haben zu funktionieren statt zu fühlen. Mein Buch ist eine Einladung, sich wieder mit dieser inneren Weisheit zu verbinden – jenseits von „nicht gut genug“ oder „immer busy“.
Wie spiegelt sich Ihre eigene Entwicklung in diesem Buch wider?
Es ist die Essenz meiner eigenen Reise. Auch ich habe lange funktioniert, statt gefühlt. Die Archetypen, die ich im Buch beschreibe, sind lebendige Anteile, die ich selbst erfahren habe. Ich weiß, wie transformierend es ist, wenn wir aufhören, im Außen nach Antworten zu suchen und uns wieder selbst zuhören. Es geht nicht darum, Neues zu lernen, sondern uns zu erinnern, wer wir sind. Jede Frau trägt bereits alles in sich, was sie für Heilung und Wachstum braucht.
Sie beschreiben sieben weibliche Archetypen. Wie können Frauen diese Anteile in sich wiederfinden?
Archetypen sind universelle Urbilder – wie die Königin, die Liebende oder die Wild Woman. Jede Frau trägt sie in sich, doch oft leben wir nur wenige Facetten. Über Mythen, moderne Beispiele und gezielte Praktiken können wir erkennen, welche Anteile schlafen und welche gelebt werden wollen. Schattenarbeit ist dabei zentral: Was uns an anderen triggert, weist oft auf verdrängte Seiten in uns selbst hin. Wenn wir sie annehmen, entsteht Ganzheit – und tiefe Heilung.
Der 21Tage-Kurs im Buch klingt sehr praxisnah. Wie funktioniert er?
Die 21 Praktiken sind wie eine Reise – sie können in drei Wochen erlebt oder langfristig begleitet werden. Jede Übung aktiviert eine bestimmte Qualität einer Archetypin, etwa Mut, Sinnlichkeit oder Klarheit. Ob Yoga, Breathwork, Meditation oder Ritual – alles zielt darauf ab, das Erkennen auch in den Körper zu bringen. Transformation geschieht nicht im Kopf, sondern auf zellulärer Ebene. Es geht weniger ums Ziel, sondern um den Prozess des Erwachens.
Welche Rolle spielen Yoga und Breathwork in diesem Prozess?
Sie sind Tore zu etwas Tieferem. Breathwork war für mich das fehlende Puzzleteil, weil es das Unterbewusstsein erreicht – dort, wo unsere Glaubenssätze sitzen. Jede Praxis kann zu einem Tor werden, wenn wir uns wirklich einlassen. So wird aus einer Übung ein Ritual, aus Atem Präsenz – und aus Präsenz Heilung.
Was berührt Sie in Ihrer Arbeit mit Frauen immer wieder am meisten?
Dass wir alle ähnliche Themen teilen. So unterschiedlich wir sind – hinter Perfektion oder Stärke stecken oft dieselben Wünsche: gesehen, geliebt und verstanden zu werden. Frauenkreise, Retreats und echter Austausch sind heilsam, weil sie zeigen: Du bist nicht allein. Wenn wir uns wieder miteinander verbinden, erinnern wir uns auch an unsere eigene Kraft.
Schnell zum Luxus: penguin.de
Fotos: © Detlef Schneider Photopraphy, München