Luxus wird im Kopenhagener Restaurant Noma seit jeher anders definiert. Nicht die teuersten Lebensmittel der Welt dominieren Spitzenkoch René Redzepis Menü, sondern Zeit und Raum: Ausschließlich Zutaten die in Skandinavien beheimatet sind und Saison haben landen auf dem Teller. Wir haben der Gourmet-Pilgerstädte vor der Pandemie einen Besuch abgestattet und hoffen auf ein baldiges Wiedersehen.
Empfindlich kühl ist es bei unserem Besuch im wohl berühmtesten Restaurant der Welt, Anfang Februar in Kopenhagen. Umso willkommener deshalb der warme Begrüßungsdrink im Gewächshaus, gewissermaßen der Empfangshalle des neuen Noma. Seit dem Umzug 2018 kocht René Redzepi hier im Stadtteil Chistianshavn, umgeben von Wasser, Schilf und restauranteigenen Gärten, in denen allerlei angebaut wird. Genau wie in den Gewächshäusern, in denen aber auch historische Artefakte aus der Vergangenheit des Restaurants zu bestaunen sind – aus der Zeit, als das Noma noch im Zentrum Kopenhagens lag und Redzepi von dort aus begann, kulinarisch für Furore zu sorgen.
So erinnern der im Einmachglas eingelegte Oktopus und anderes Getier unwillkürlich an den Biologie-Unterricht. Tatsächlich handelt es sich jedoch um einen frühen Fermentationsversuch Redzepis. Dessen Manifest, ausschließlich mit skandinavischen Produkten zu kochen, erfordert hier und da doch eine gewisse Findigkeit im Umgang mit den heimischen Lebensmitteln – vor allem in der Wintersaison, wenn hier oben rund um den Öresund partout nichts mehr wachsen will.
Noma – Viermal Platz 1 bei den World´s 50 Best Restaurants
Heute, 18 Jahre nach Eröffnung des Noma, viermal Platz 1 auf der Liste der World´s 50 Best Restaurants und zwei MICHELIN-Sterne später, ist der Spitzenkoch weiter. Am neuen Standort ziehen er und sein Team sogar auf dem Dach einen Teil ihres Gemüses selbst – die eigenen Bienenstöcke leisten ihren gedeihlichen Beitrag dazu. Auch was die Fermentation angeht, also das Haltbarmachen von Lebensmitteln mit Hilfsmitteln wie Milchsäure, Schimmelpilzen, Alkohol oder Essigsäure, hat Redzepi enorme Fortschritte gemacht. Seine Forschungen machen es ihm nun möglich, neue Aromen zu kreieren und das, was im kühleren Norden verfügbar ist, haltbar zu machen. Dennoch soll im Noma alles genau dann auf den Tisch kommen, wenn es Hochsaison hat. Deshalb serviert Redzepi im Sommer ausschließlich frisches Gemüse, im Herbst bestimmen der Wald und seine Bewohner die Speisekarte, im Winter das Meer.
Die drei Jahreszeiten Skandinaviens bestimmen das Menü im Noma
Angekommen im Gastraum, folgt dann auch ein Fisch- und Meeresfrüchte-Feuerwerk vom Feinsten, geladen mit 17 Knallern aus den nordischen Gewässern. Frische Jakobsmuscheln, was beinahe noch lebendig heißt, geräucherter Forellen-Kaviar, kleine Shrimps und größere Prawns in mannigfachen Variationen. Dazu Seeigel- und Algen-Salat, Meeresschnecken und danach Königskrabbenbein. Selbst beim Dessert setzen sich die Wasserspiele munter fort, werden hier doch ein akkurat in Form gebrachter Seestern-Toffee mit Kardamom sowie eine mit weißer Schokolade sowie Wildbeeren überzogene Kabeljau-Haut serviert. Knusprig!
Zubereitet wird all das in zwei Küchen von einem vielköpfigen Team und doppelt so vielen Händen. Während die Vorbereitungen im hinteren Teil des Noma erledigt werden, verwandelt der Rest der Mannschaft die Steilvorlage der Teamkollegen vor den Augen der Gäste in der offenen Küche, in der die finessenreichen Gerichte optisch optimiert werden. Eine fein ausgeklügelte Choreographie, die unsere Blicke während des Dinners immer wieder auf sich zieht und die wir so bald wie möglich wieder erleben wollen. Am besten gleich in diesem Sommer, wenn Restaurants hoffentlich wieder Hochsaison haben.
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Bilder: ©Ditte Isager; Derk Hoberg