Die Sonne steht tief über dem Monte Titano, taucht die Türme von Guaita und Cesta in warmes Licht, als die ersten Oldtimer durch das historische Stadttor rollen. Die engen Gassen der Altstadt von San Marino, der ältesten Republik der Welt, füllen sich mit Leben – Kameras klicken, Motoren röhren, ein Hauch Benzin liegt in der mediterranen Abendluft. Für einen Tag wird die Hauptstadt der kleinen Enklave zum Epizentrum der automobilen Weltgeschichte: Die Mille Miglia ist da.
Inmitten dieser Szenerie: Michael Stehle Doukas und seine Tochter Zoe, unterwegs im seltenen Porsche 356 A 1500 GS Carrera Speedster. Als einziges deutsches Porsche-Team unter 28 teilnehmenden Zuffenhausener Fahrzeugen erleben sie diesen besonderen Moment auf ganz persönliche Weise. „Nebst der grandiosen Aussicht waren es die Zuschauer, die ganz eng am Straßenrand in den Cafés saßen und jedes Auto gefeiert haben“, erinnert sich Stehle Doukas mit leuchtenden Augen.
San Marino war dieses Jahr Etappenort der legendären Mille Miglia – jener Oldtimer-Rallye, die mit ihren 1.900 Kilometern und fünf Fahrtagen als das „schönste Rennen der Welt“ gilt. „Für mich ist es ein gelebter Traum“, so der erfahrene Teilnehmer, der seit 2010 ununterbrochen dabei ist.
Mehr als 400 Fahrzeuge – allesamt gebaut zwischen 1927 und 1957 – nehmen 2025 an der 43. Neuauflage der Mille Miglia teil, der berühmtesten Oldtimer-Rallye der Welt. Die Etappe durch San Marino war Teil der neu gestalteten Route 2025, die zum ersten Mal wieder dem legendären „Acht-Design“ der glanzvollen Vorkriegsrennen gleicht – eine symbolische Verbindung zwischen Norden und Süden, Osten und Westen Italiens. Die UNESCO-geschützte Altstadt mit ihren mittelalterlichen Mauern, den steilen Serpentinen und der imposanten Höhenlage bot nicht nur eine einzigartige Kulisse, sondern gilt auch als einer der schwierigsten Streckenabschnitte.
Die Mille Miglia, ursprünglich von 1927 bis 1957 als Langstreckenrennen ausgetragen, ist heute eine Hommage an die große Zeit des Motorsports – eine Zeitreise auf vier Rädern. Und San Marino, das als Etappenort zurück auf die Route gefunden hat, passt perfekt in dieses nostalgische Gesamterlebnis. Mit seinen Burgen, Plätzen und dem atemberaubenden Blick über die Adriaküste scheint der kleine Staat wie geschaffen dafür, Geschichte lebendig werden zu lassen.
Michael Stehle Doukas und seine Tochter Zoe meistern die Zeitprüfung am Piazza della Libertà ambitioniert, bleiben dabei aber stets dem eigentlichen Ziel treu: genießen. Genau dieser Geist spiegelt auch den Reiz der Mille Miglia wider – ein Rennen, das mehr ist als ein Wettbewerb. „Man muss es unbedingt erlebt haben. Es gibt meiner Meinung nach kaum eine schönere Oldtimerveranstaltung“, sagt Doukas.
Und wer nach dem Spektakel der Mille Miglia immer noch nicht genug hat: Am 20. September 2025 kehrt der Gran Premio Nuvolari nach San Marino zurück – ein weiteres Highlight für Fans klassischer Fahrzeuge, benannt nach der italienischen Rennsportlegende Tazio Nuvolari. Über 300 historische Fahrzeuge verwandeln die Altstadt erneut in ein lebendiges Freilichtmuseum der Mobilitätsgeschichte.
Mehr als nur Motorsport
San Marino ist nicht nur für die Mille Miglia eine Reise wert. Die Republik bietet eine beeindruckende Dichte an Geschichte, Kunst und Kultur auf kleinstem Raum. Die Zitadellen auf dem Bergkamm des Monte Titano gehören zu den markantesten Festungsanlagen Europas. In den kleinen Museen lässt sich die Geschichte des Landes ebenso entdecken wie der Einfluss bedeutender Persönlichkeiten, etwa Garibaldis. Kleine Boutiquen laden zum Bummeln ein, und Restaurants wie das La Terrazza zum kulinarischen Genuss inklusive Ausblick auf die Adria.
San Marino ist das ganze Jahr über gut erreichbar – ob per Auto, Zug bis Rimini oder über nahegelegene Flughäfen in Bologna und Ancona. Informationen zu Veranstaltungen, Hotels und kulturellen Highlights finden Sie unter Visit San Marino
Bilder: ©Fabian Calucci, visitsanmarino, Jessica Bachmann